Guter Ruf ist durch "Briefkastenfirma" in Gefahr
05.05.2009 - BINGEN
Von Lena Fleischer
Im Birkengässchen wollte Dominik Tryankowski richtig durchstarten.
Mit 23
eröffnete der Mediengestalter hier im April sein erstes,
eigenes Büro. Nichts
ahnend mietete er sich ein – und sieht
wenige Wochen später seinen Ruf beschädigt: Die Adresse seines
Büros gehörte vorher einer, wie er es nennt, „Briefkastenfirma“.
Bei der sei es nicht mit rechten Dingen zugegangen: „Da
wurden
Leute abgezockt“, sagt der gebürtige Bad Kreuznacher.
Er bekommt noch immer täglich eine Flut von Briefen, die nicht
an ihn, sondern an seinen Vormieter gerichtet sind, der eine
weitere Adresse in Sulzheim habe. 80 bis 90 Briefe sind es
pro Tag, erzählt Tryankowski, der einen enormen Arbeitsaufwand
beklagt, um alle wieder zur Post zu bringen.
Und noch schlimmer: Als der 23-Jährige gerade dabei war, sich
im neuen Büro einzurichten, seien zweimal Männer aufgetaucht,
die Tryankowski mit Christian M. verwechselten, jenem Mann,
der vorher Mieter der Räume im Birkengässchen war. „Das waren
Zwei-Meter-Schränke, die mir beinahe eins auf die Zwölf gehauen
hätten. Ich hatte Mühe und Not, ihnen klar zu machen, dass
ich nicht der bin, für den sie mich halten.“ Die Machenschaften
des untergetauchten Vormieters hatte ein Team des Magazins
„Akte 09“ des Fernsehsenders Sat1 aufgedeckt und im März darüber
berichtet. Der Reporter Marc Rosenthal ist dem Betrüger immer
noch auf der Spur und hat vergangene Woche wieder in Bingen
und Umgebung gedreht, um auf den Fall aufmerksam zu machen.
Der Journalist kennt die Masche des Mannes, der über verschiedene
Internetseiten Menschen dazu gebracht hat, ihre Adresse zu
hinterlassen. Sie haben sich im Netz nach Gratis-Proben, wie
zum Beispiel von Hautcremes oder Tierfutter, umgesehen und
sind dabei in die Falle des Christian M. getappt. Der habe
nämlich keine kostenlosen Proben, sondern meist eine Rechnung
über 96 Euro geschickt. Andere wollten ihren Intelligenzquotienten
übers Internet berechnen lassen und staunten anschließend,
als sie per Rechnung aufgefordert wurden, 70 Euro zu zahlen
– zwei von mehreren Beispielen, mit denen Christian M. reich
werden will.
Der Reporter Rosenthal verweist auf einen Ausdruck des Internetforums
„Studi-VZ“. Auch hier sei Christian M. auf Adressen-Fang gegangen
und hat bei seinem Profil als Berufswunsch angegeben: Multimillionär.
„Er ist 22 und will angeben“, sagt Rosenthal, der den Mann
finden und mit seinen Taten konfrontieren will. Tryankowski
wiederum hat sich an eine Anwältin gewandt, will auf Schadenersatz
klagen. Die Geschäfte seines Vormieters störten den eigenen
Geschäftsbetrieb, sagt er: „Christian M. hat mich geschädigt,
denn das Internet vergisst nicht. Da wird immer noch meine
Adresse mit ihm in Verbindung gebracht, aber ich habe mit unseriösen
Internetseiten nichts zu tun.“ Agenturen und Druckereien hielten
sich mit Aufträgen zurück, Kunden seien abgesprungen. Tryankowski
schätzt, dass ihm dadurch ein Schaden in fünfstelliger Höhe
entstanden ist.
Er kämpft um seine Reputation, will andere davor bewahren,
in Christian M’s Fänge zu geraten. „Was er macht, ist Betrug
und eine Mega-Frechheit“, steht für den Mediengestalter fest.
Er hofft, dass der Strippenzieher bald auftaucht – und die
Finger von solchen Internetgeschäften lässt. „Er nimmt sich
selbst die Chance auf eine Zukunft. Und irgendwann platzt die
Bombe“, ist Tryankowski überzeugt.
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